Eine ökonomische Betrachtung zu Liebe und Partnersuche

Falls Sie sich fragen, was dies mit der Liebe zu tun hat – Sie finden die Antwort im letzten Kapitel. Dieser Artikel benutzt als Ansprache das „ich“. Das bedeutet: Gemeint sind Sie, höchstpersönlich. Sollten Sie sich fragen, warum dieser Artikel keine wissenschaftliche Referenz hat: Die Ökonomie der Liebe ist den meisten Forscher „zu heiß“, und Ökonomen interessieren sich ohnehin nur am Rande für die Liebe. Ich musste also selbst schreiben.

Das vereinfachte ökonomische Modell der Partnersuche

Das ökonomische Modell der Partnersuche hat hat zwei Seiten:

1. Wen begehre ich?
2. Wer begehrt mich?

Die Frage ist also: Wie kann ich jemanden finden, den ich ausgesprochen geeignet finde, und der zugleich auch mich will?

Die Antwort ist im Grunde einfach, erfordert aber etwas Einsicht:

Wenn ich mich auf einen Partnermarkt begebe, auf dem mich viele Menschen als „geeignet“ einstufen, habe ich mehr Chancen, als wenn ich auf einen Markt gehe, auf den sich Menschen befinden, die meinem Wunschbild entsprechen.

Also ist es günstiger, meine Forderungen an den späteren Partner einzuschränken und stattdessen bei jenen zu suchen, für die ich selbst wertvoll bin. Dabei könnte es sein, dass ich mich „unter Wert“ verkaufe. Aber solange ich nicht wirklich weiß, welchen Wert ich am Partnermarkt habe, kann ich mich werde zu billig noch zu teuer verkaufen – mit anderen Worten: Ich bin selbst gar nicht Herr meiner Entscheidungen.

Ă–konomie von Gleichheit und Unterschiedlichkeit

Aus ökonomischer Sicht ist die psychologische Wertediskussion um „Gleich und Gleich“ oder „Gegensätze ziehen sich an“ völlig irrelevant. Gleichwohl öffnen Unterschiede eher neue Perspektiven, während manche (aber nicht alle) Gleichheiten uns vorantreiben, so wie ein Gespann mit zwei Zugpferden. Das bedeutet auch: Menschen mit unterschiedlichen Eigenschaften können einander ergänzen, was zur persönlichen Vervollkommnung beider beiträgt, während Menschen mit gleichen Eigenschaften ihre Defizite beibehalten.

Wem das zu kompliziert erscheint, den nehme ein einfacheres Beispiel. Wenn sich zwei Partner finden, die beide „moderne Massenmöbel“ besitzen, entsteht eine einheitliche, aber meist etwas sterile Wohnumgebung. Hat der eine jedoch individuelle Möbel (Schreiner- Design- oder Antikmöbel“ und der andere moderne Massenmöbel, so entsteht eine vergleichsweise interessantere Wohnumgebung.

Die Suche aus ökonomischer Sicht

Die Frage ist nicht „Wie kann ich das Beste finden? Sondern „Wie kann ich das Beste mit den Mitteln finden, die ich in die Wagschale werfen kann?“ Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, weil sie zumeist auf Versuch und Irrtum basiert. Am besten lässt sich dies beschreiben, indem man sich sagt: Ich muss suchen, bewerten, und dann herausfinden, wie ich selbst bewertet werde. Dabei muss ich sowohl damit rechnen, jemanden abzulehnen, wie auch ich einkalkulieren muss, selbst abgelehnt zu werden. Problematisch daran ist nicht die Tatsache, dass ich ablehne oder angelehnt werde, sondern wie häufig dies geschieht. Lehne ich zu oft ab, muss ich zurück auf die Basis („Wen begehre ich?“), denn dann sind meine Erwartungen zumeist zu hoch. Es kann auch sein, dass ich dann auf dem falschen Markt gesucht habe, aber das trifft deutlich seltener zu. Werde ich zu oft abgelehnt, so muss ich mir die Frage erneut stellen: „Wer begeht mich?“ Es ist sehr wahrscheinlich, dass ich mein Verhalten (möglicherweise auch nur mein Suchverhalten) dann ändern muss, um begehrter zu werden.

Die Funktion der Ablehnung aus ökonomischer Sicht

Wenn ich abgelehnt werde, habe ich den Vorteil, nach den Gründen fragen zu können. Je nachdem, wie ich Frage, bekomme, ich ausweichende oder ehrliche Antworten. Jede ehrliche Antwort ist ein Gewinn, also kann jede Ablehnung ein Gewinn sein. Über die Ökonomie hinaus kann ich mir dann überlegen, ob ich mich selbst genau kenne und wie ich mich selbst bessre kennenlernen kann.

Werde ich nicht abgelehnt, kann ich selbst ablehnen oder dem potenziellen Partner ein Angebot unterbreiten, wie der nächste Schritt aussehen soll und die Suche damit (zumindest vorläufig) beenden. Falls ich ablehne, muss ich weitersuchen, was mich Zeit, Geld und Mühe kosten wird. Eine brauchbare Strategie dabei ist das Prinzip, jeweils ein Maximumziel und ein Minimumziel zu verfolgen und zuzugreifen, falls der Partner über dem minimalen Ziel liegt.

Ă–konomie und hohe Erwartungen

Hohe Erwartungen (volkstümlich auch Ansprüche genannt) sind erfüllbar, wenn ich selbst ein „Premium-Angebot“ aus der Sicht anderer bin. Das ist eher selten der Fall. Ich muss mich also voraussichtlich in diejenigen Personen einordnen, die knapp über oder knapp unter dem Durchschnitt liegen. Wer also hohe Erwartungen hat (und behält) wird länger, teurer und zeitraubender suchen müssen, ohne die Gewissheit zu haben, einen Partner zu finden. Es gibt drei Wege, die Partnersuche in diesem Fall zu verändern:

1. Intensiver suchen.
2. Gezielter suchen.
3. Unter veränderten Kriterien suchen.

Allerdings hat die Lösung (1) kaum Chancen, weil die Intensität nicht beliebig gesteigert werden kann. Die Lösung (2) hat Chancen, wenn die Suche bisher eher ziellos war. („Mal sehen, was kommt“) . Langfristig bringt nur die Lösung (3) die erwünschten Erfolge.

Kann denn Liebe ökonomisch sein?

Ja, sie kann. Denn wie und ob überhaupt das Gefühl der Liebe entsteht, ist abhängig davon, ob ein liebenswerter Partner gefundene wird. Mit jedem Tag, an dem ich ihn nicht finde, entgeht mir eine wichtige Kraftquelle, die mein Leben bereichert.

Hinweise: Manche Ökonomen sehen „Gleich und Gleich“ ganz anders, zum Beispiel Hanno Beck, Professor für Alltagsökonomie in Pforzheim. Eine weitere, interessante Meinung in Buchform wird auch von dem viel zitierten Professor Paul Oyer vertreten. Titel: Everything I Ever Needed To Know About ECONOMICS I Learend From Online Dating. (Boston, 2014)